Der Fremde in uns, das ist der uns eigene Teil, der uns abhanden kam
und den wir zeit unseres Lebens, jeder auf seine Weise, wiederzufinden
versuchen. Manche tun dies, indem sie mit sich selbst ringen, andere, indem sie andere Lebewesen zerstören.
Der Widerstreit zwischen diesen zwei Ausrichtungen des Lebens, die
beide von derselben Problematik bestimmt sind, wird über die Zukunft
unseres Menschseins entscheiden.
Das Opfer - 17 Dezember 2009 "Der
Schmerz ist nirgends verboten, nicht in der Erziehung und nicht in den
Religionen. Daher braucht er nicht verdrängt zu werden. Nur die Wut auf
die eigenen Eltern ist weltweit verboten, wird daher gefürchtet und oft
lebenslang unterdrückt oder auf Sündenböcke verschoben. Wer seine eigene
unterdrückte Wut maßlos fürchtet, wie zum Beispiel Freud, verbündet
sich gerne mit der Lüge und erfindet Theorien, die die empörende
Wahrheit leugnen. Der berechtigte Zorn öffnet nachweisbar die Türen zum
eigenen Mut und damit zur emotionalen Ehrlichkeit. Der Schmerz allein
tut dies nicht, wenn er den Zorn leugnet."
"Nur
der berechtigte Zorn auf die wirklichen Verursacher unserer Not ist
verboten und macht fast allen Menschen angst, weil er so früh bestraft
wurde und so tief im Körper verborgen bleibt."
"Sie
haben Ihre Eltern erkannt und beschrieben, und ich meine, dass Ihnen
dies ersparen wird, erneut zum Opfer solcher Menschen als auch zum Opfer
alter Illusionen zu werden. Um das Lebendige, Aufrichtige in anderen
Menschen wahrzunehmen, muss man das Verlogene, Falsche und Grausame in
unserer Kindheit durchschaut haben. Dann ist es, als hätten wir die
gesunden, beschützenden Instinkte wiedergewonnen, die man uns in der
Kindheit verboten hat zu spüren."
"Danke, dass Sie meinen Brief beantwortet
haben und Danke dafür, dass Sie ihn veröffentlicht haben, beides
bedeutet mir unendlich viel. Ich habe so unendlich viel versucht um mich
den Menschen um mich herum verständlich zu machen. Ich habe alles
gelesen, was ein Mensch wohl nur lesen kann von Nietzsche über Sartre
hin zu verschiedensten Schriftstellern und anderen sprachgewaltigen
Autoren. Ich studiere jetzt seit drei Jahren Philosophie, ich habe im
Deutschunterricht immer die schönsten Aufsätze geschrieben und ich kann
mit Worten jonglieren, dass anderen schwindlig wird, aber Ich kann mich
sicherlich besser ausdrücken, als die meisten Menschen, die ich kenne,
aber dennoch versteht niemand, ausser Ihnen, was ich sage. Ich spreche
Deutsch, aber es ist, als ob ich eine Sprache sprechen würde, die
niemand verstehen will, nämlich die Sprache des verletzen Kindes, die
einfach keine Übersetzung in die Sprache der meisten Menschen findet.
Ich bin so froh, dass Sie meine Sprache verstanden haben, dass Sie mir
nicht erzählt haben, wie dankbar ich doch sein kann für meine tolle
Erziehung, dass Sie nicht mein inneres Kind erwürgt haben, wie all die
anderen Menschen es mein ganzes Leben lang getan haben. Ich bin Ihnen
unendlich dankbar, dass Sie mir so verständnisvoll geantwortet haben
und, dass Sie meinen Brief veröffentlicht haben, denn damit haben Sie
mir gezeigt, dass ich sehr wohl verstanden werden kann und, dass meine
Erlebnisse sehr zerstörerisch waren und nicht etwas, über das man einmal
lacht und damit ist es bagatellisiert und aus dem Gehirn der Anwesenden
für immer verschwunden.
Mit erleichterter Seele und der
Möglichkeit endlich darüber zu trauern was war, lebt es sich wesentlich
leichter und Sie haben (wieder mal) sehr viel dazu beigetragen, mir das
zu ermöglichen."